Wie ich mein Glück in Bmerica fand
Ich weiß gar nicht was ich schreiben soll. Außer dass ich glücklich bin.
Sicher, sich am Glück abzuschreiben ist nicht besonders ergiebig. Literatur handelt selten vom Glück. Und wenn sie vom Glück handelt, dann meist nur deshalb, damit es dem Protagonisten wenige Kapitel später wieder aus den Händen gerissen wird.
Als Labelbetreiber schreibt man seine Newslettertexte sowieso immer nur zwischen dem Rest einem übrig gebliebenen, wie auch immer geartetem, unglücklichem literarischem Mitteilungsbedürfnis und Werbetext. Zugegeben kein besonders glücklicher Zustand für Literatur. Bestenfalls wird es am Ende eben ein schmissiger Werbetext. Etwas schmissiger, weil persönlicher als die Konkurrenz vielleicht. Wenn alles gut läuft. Ein glückliches Ende nimmt.
Aber meist bleibt vor allem der Kaufappell, den man behutsam zwischen seinen Zeilen versteckt, auf der Strecke.
Die wenigsten Alben verkaufen sich so gut, dass man wirklich von Glück reden kann. Aber als Musiker ist man ja bereits glücklich, wenn man einen Song geschrieben hat, ihn aufgenommen und auf Vinyl gepresst und in seinen Händen hält.
„Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit“, hat Andreas Spechtl mal zart zitiert. Weiß gar nicht mehr woher. DMD KIU LIDT jedenfalls das Akronym für diesen schönen Satz.
Für Musiker_Innen ist die Manifestation des Kapitalismus aber nicht selten ein Album.
Die Vergewisserung der eigenen Arbeit in einem bestimmten Lebenszeitraum. Das Annähern an eine diffuse Wahrheit tief in uns drinnen, kurz mal angezapft, an die Leine genommen, sie in den Händen gehalten, gespürt, ein Lied davon gesungen und… Wieder futsch!
Pokal
Aber das schöne am Albumformat ist es ja gerade solche Momente weiter auszuformulieren, sie festzuhalten, sie Moment für Moment aneinanderzureihen.
Auch wenn das Konto am Ende leer ist und der Körper nicht mehr in Saft und Kraft steht, weil hoffnungslos ausgebeutet:
Das Album steht im Regal, wie ein Pokal.
Ein besonders schöner Pokal.
Auch wenn einem Pokale überhaupt nichts bedeuten.
Nun, ich habe mit Hilfe meines musikalischen Nachbarn Michael Mühlhaus und dem Produzenten Olaf O.P.A.L. eine Popplatte aufgenommen.
Pop im Sinne von funky Popmusik, aber auch in Haltungsfragen eine funky Popmusik. Wie James Brown auch mal Haltungsmusik ist und war. Oder die Redskins.
(Mir neulich zufälliger Weise mal wieder im Netz begegnet, die Redskins: Ja, eure Vorfahren waren tatsächlich einmal marxistische Soulbrothers, ihr tumben Naziskins!).
Drei Jahre haben wir jedenfalls daran rumgeschraubt, und von den Türen über Seeed bis Kante tolle Studiomusiker*Innen gefunden, die Lust dazu hatten uns für einen Apple und ein I musikalisch zu unterstützen.
Flacher Gag, ok, gebe ich zu. Lass ich trotzdem drin.
BMERICA
Nun halte ich BMERICA endlich in den Händen und es erfüllt mich mit Glück, auch weil ich mich an jede Hürde erinnern kann. An drei harte Winter, aber auch an drei genauso schöne Sommer. Und die ganzen Zeit und die Gefühle dazwischen.
BMERICA enthält 10 Lieder über ein schnelles Leben der Zwangsindividualisierung wie -digitalisierung sämtlicher Bereiche.
Lieder über das Leben auf unserem (vermutlichen) Heimatplaneten und den sehnsuchtsvollen Blick in die Sterne.
Into the great wide open, um an dieser Stelle den wundervollen Tom Petty zu zitieren… Ja, nicht von seiner besten Platte, jaja, mich hat das damals aber berührt, das Lied… Was?
Ach, schmeiß doch bitte jemand diese Nerds hier raus…
Wer sich mit der Entstehungsgeschichte dieses Labels, unserer Haus- und Hofband Die Türen und der grundsätzlichen Haltung hinter diesem Gespenst auskennt, der sollte sich BMERICA unbedingt zulegen (hanseplatte, amazon, itunes, spotify).
Denn es handelt in gewisser Weise auch von Euch.
Danke!
Ich möchte mich an Ort und Stelle bedanken bei allen MusikerInnen auf BMERICA, bei meiner Familie vor allem meiner Frau fürs ewige Rückenfreihalten, bei Chrigel Farner für die tolle Gestaltung, bei Markus S. Fiedler für die freundschaftliche Unterstützung, bei Markus Göres und Henrietta Bauer fürs Ladenzusammenhalten, bei allen Staatsakt-KünstlerInnen für die Geduld, wenn man mal nicht im Büro weil im Studio war, bei Olaf O.P.A.L. für die spitzen Zeit, bei Simon „Einhorn“ Frontzek für die Studioraumzeit, bei Omega-Jan fürs weben, bei der DQ-Agency fürs Vertrauen und bei Dir, treuem Newsletter-Leser, treuer Newsletterleserin für all die gemeinsam gelöffelten Buchstabensuppen. Bei allen alten und den neuen Türen, bei allen westfalen Funkateers, bei der Gruppe Oil, bei Yannick Riemer, Niklas Weise, Sebastian Kaltmeyer und Dietrich Brüggemann für ihre wunderbaren, visuellen Ideen und vor allem die Bereitschaft, sie unter prekären Film-Bedingungen trotzdem umzusetzen:
Ab dem 19.10. gehen wir als 10-köpfige, wirklich tolle Ausnahme-Band auf Tour. Es empfiehlt sich vorher das Album zu hören, besser für den Party-Vibe:
19.10. Dresden, Beatpol
20.10. München, Kammerspiele (Staatsakt Labelabend mit Friends Of Gas, Andreas Dorau, Levin Goes Lightly)
21.10. Schorndorf, Manufaktur
23.10. Frankfurt, Zoom
24.10. Köln (mit International Music & special Guest PeterLicht)
25.10. Hamburg, Golden Pudel Club (mit Dr.Dr.Penis)
26.10. Hamburg, Golden Pudel Club (mit Booty Carrell)
27.10. Berlin, Festsaal Kreuzberg (mit Erfolg und dem besten Damenchor der Welt)
Glück
Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Ehrlich gesagt habe mir auch nur selten Karten im Vorverkauf besorgt, aber heute werden die meisten Veranstalter ja schnell nervös, wenn keiner Karten im Vorfeld kauft.
Naja, vielleicht haben wir am Ende auch einfach kein Glück.
Die falsche Platte zur falschen Zeit.
Rockt nicht. Und dann auch noch Pro-amerikanisch!
Wir werden sehen.
Ich verweile jetzt erstmal so lange hier im Glück, bis mich das Leben wieder rauswirft.
Liebe Grüße aus Bmerica,
Maurice & die Familie Summen für staatsakt im Oktober 2017.